Facebook kauft Oculus Rift: Wie man die Crowd verrät

Alles begann wie eines dieser schönen Gründermärchen der Computerwelt: Ein gewisser Palmer Luckey stellte ein Video auf Kickstarter, in dem er mit einem kleine-Junge Lächeln und einer milchig-weinerlichen Stimme erklärte, sein größter Traum sei schon immer das echte virtual-Gaming gewesen. Er präsentierte sich als ein Idealist, der schon seit frühester Kindheit in der Garage seiner Eltern an der Technologie der Zukunft gebastelt hatte. Ein kleines Genie, ein junger Mann mit Vision, der Stoff aus dem die Träume sind – nur leider fehlten eben die Mittel, seinen Traum in die Tat umzusetzen. Genau das was Fans von Kickstarter eben gerne hören wollen und deshalb statteten sie ihn mit dem nötigen Kleingeld aus.

Dass diese Story zu schön war um wahr zu sein, müssen wir heute feststellen: Luckey verkauft seine Firma Oculus Rift an Facebook. Für 2 Milliarden Dollar. (siehe auch ->nytimes)

Das wäre an sich kein größeres Problem und für seine Firma ist es sicherlich ein Quantensprung. Für zwei Miliarden Dollar kann man schon in ein schickeres Bürogebäude umziehen, fancy Drehstühle kaufen und ein Swimming Pool im Büro der Firmenleitung wird wohl auch drin sein. Sehr unschön dabei ist eben nur, dass die Entwicklung der Oculus Rift bislang mit dieser idealistischen Indie-Alternativphilosophie von visionärem unabhängigen Unternehmertum aufgeladen war. Palmer Luckey konnte auf Kickstarter durch die Hilfe von beinahe 10,000 Unterstützern über 2,4 Mio. Euro einsammeln. Die Mehrheit dieser Backer bezahlte über 300€ um am Ende der Entwicklungszeit ein fertiges Produkt zu erhalten. Branchengrößen aus dem Gamingbereich wie Gabe Newell oder John Carmack bejubelten die Oculus als die Zukunft des VR-Gamings, die nun endlich gekommen sei. Ein ganzer Mikrokosmos von Indiedevelopern, die ihre Soft- und Hardware gezielt auf die Oculus auslegten entstand.

Schließlich ging es dann mit der Oculus doch nicht so schnell, wie viele sich das gewünscht hätten. Vielen Benutzern des Prototyps wurde in der virtuellen 3D Umgebung schlecht, schuld daran war eine Bewegungslatenz, die man zuletzt verzweifelt durch die Hinzunahme externer Sensoren auszugleichen versuchte. Auch die interne Displayauflösung schaffte es zunächst nicht, die HD verwöhnte Generation vom Hocker zu reissen. Die Entwicklung kam ins Schlingern, aber alle waren davon überzeugt, dass es sich um kleinere technische Probleme handeln würde – Kinderkrankheiten, die bald geheilt sein würden. Bis dann eben Sony auf der GDC 2014 sein Projekt Morpheus vorstellte, ein VR Headset, das im Prinzip die selben Ansprüche bedient wie die Oculus und dabei mit seinen blauen LEDs gleich schon viel frischer aussieht. Hier wurde offenbar eine Unmenge von Kohle in die Entwicklung gepumpt, womit Sony ganz insgeheim an der technischen Entwicklung der Oculus vorbeigezischt ist – so wie das eben nur ein Großkonzern mit einer eigenen R&D Entwicklung tun kann.

Der Schritt, sich nun von Facebook aufkaufen zu lassen, ist markttechnisch daher durchaus verständlich. Trotzdem war es das dümmste, was der glückliche Palmer tun konnte. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass man sich nicht erst auf Kickstarter von der Crowd finanzieren lässt, nur um sich danach einem Unternehmen wie Facebook in die Arme zu werfen. Fast alle Kickstarter Entwickler beteuern in ihren Kampagnenvideos, dass es ihnen eben auch darum geht, die großen Publisher und Konzerne zu umgehen. Dieser Anspruch war der große Vorteil der Oculus, irgendwie war sie eben auch die Bio-Version des VR-Gaming. Sony konnte nichts gegen dieses Image unternehmen, ein Kampf David gegen Goliath zeichnete sich ab, die Sympathien waren dabei klar verteilt. Die coolen Leute hätten Indietitel auf der Oculus gespielt und selbst wenn Sony den Kampf um den Markt gewonnen hätte, wäre es der reine Idealismus eines Nischenmarktes gewesen, der die Oculus immer am Leben erhalten hätte. Diese Rechnung kann Palmer Lucky nun vergessen. Auf dem Backerforum der Oculus Rift schäumen die wütenden Kommentare über, die Leute verlangen ihr Geld zurück – zu Recht. Aus der Geschichte eines Jungen, der loszog um die Welt zu verändern, wurde die Geschichte eines kleinen Arschlochs, dass die Gutgläubigkeit einer idealistischen Szene nutzte um sich selbst in Szene zu setzen. Und dann eiskalt die Ideale dieser Szene zu verraten um ein paar Milliarden einzustreichen. Wie Mark Zuckerberg bereits verlauten ließ, wird es sich Facebook selbstverständlich nicht nehmen lassen, die Oculus mit einem deutlichen Facebook-Branding zu versehen. Ein Schlag ins Gesicht aller Indie-Entwickler, die mit dem Developers Kit der Oculus gearbeitet hatten. Markus “Notch” Persson verkündet, dass die Entwicklung seines Mega-hits “Minecraft” in Zukunft keine Ausrichtung auf die Oculus mehr beinhalten werde, da ihn allein der Gedanke an Facebook schaudern lasse. Und Gabe Newell dürfte das ganze auch nicht gefallen, es sei denn Valve würde sich demnächst auch von Facebook aufkaufen lassen. Aber wer weiß, nach heute ist vielleicht nicht mal mehr das ganz unmöglich. Zum Kotzen, dieser Scheißkapitalismus.