5. Juni 2014
Obama und der Hexer
Ui, das ist ja cool. Da hat der Amerikanische Präsident doch tatsächlich das Spiel “The Witcher” gelobt, als ein “großartiges Beispiel für Polens neue Rolle in der globalen Weltwirtschaft”. Wie poetisch das klingt, besonders mit der schnieken Tautologie am Ende. Und irgendwie hat er doch recht der Herr Präsident, der “Witcher” ist wirklich großartig.
Aber naja, wer genau hinhört, der stellt natürlich fest, dass Obama keine Ahnung von Computerspielen hat, oder in seinen Worten, er ist “nicht sonderlich gut in Videospielen”. Oh ja, die komplexe Welt der schwierigen Computerspiele. Kann man eigentlich einem Präsidenten vertrauen, der in einem Koffer eine Konsole mit sich rumträgt, mit der er einen Atomkrieg auslösen kann, aber vermutlich nicht mal weiß wie man ein gamepad hält? Da hofft man ja geradezu, dass in dem Koffer wirklich nur der eine rote Knopf ist, komfortabel beschriftet mit “please dont push this button”. Naja, aber vermutlich ist für den Koffer eh ein Berater zuständig, vielleicht sogar der selbe der ihm zugesteckt hat, dass der “Witcher” ein großartiges Spiel ist.
Man könnte das Ganze ja einfach zu den PR Akten legen, denen diese Geschichte entsprungen ist, aber als großer Fan der Witcher Serie muss ich doch noch ein Zeilchen dazu schreiben. Wer sich wie ich auf den dritten Teil der Serie freut, weiß, dass es da gerade ganz schön zur Sache geht. Ein großer Krieg ist ausgebrochen, Leid und Zerstörung überall. Das tolle an der Witcher-Serie war dabei schon immer, dass das Thema Krieg im Rahmen seines Fantasy-Hintergrundes durchaus realistisch und kritisch behandelt wird. Besonders hervozuheben ist dabei die permanente Darstellung von Grau- und Zwischentönen in allen Konflikten. Eine Achse von Gut und Böse gibt es im Witcher nicht und auch kein böses Russland, das ein unschuldiges Europa bedroht (andersrum aber auch genauso wenig wie ein böses Europa, das ein unschuldiges Russland bedroht). Kriegstreiberei ist hier immer das Werk von Verblendeten, Machtsüchtigen und Radikalen, die diese Welt mit ihren Spielen zu einem schlechten Ort machen. Diese Verbindung ist nicht unbedingt an den Haaren herbeigezogen, schließlich hat Obama für seine Deluxe Version des Spiels das er nie spielen wird, immerhin eine Milliarde Dollar an Militärhilfen für das gute Polen gegen das böse Russland im Lande gelassen. Tja, Spieler der Witcher Serie wissen schon, was sie von solchen Gesten halten dürfen, Computerspiele tragen manchmal eben doch zur geistigen Bildung bei. Wenn nun also Obama vor dem Hintergrund seiner Militärhilfen an Polen den Witcher zu einem großartigen Werk erklärt, dann ist das in etwa so, wie wenn die NSA einen Literaturpreis an George Orwell’s 1984 verleihen würde: Irgendwie schräg. Vielleicht würde es Obama und der ganzen grenzübergreifend kriegsbegeisterten Idiotentruppe ganz gut tun, doch mal den Witcher anzuspielen. Aber dafür haben sie sicher keine Zeit, müssen ja den dritten Weltkrieg vorbereiten…