20. Dezember 2013
No Country for old Monsters
Gerade wollte ich mich schon mit einem Hinweis auf den obligatorischen Steam-Winterschlussverkauf in die Feiertage verabschieden, da sehe ich diesen Trailer, in dem das Studio Warhorse die Ankündigung eines neuen RPGs teasert: Kingdom Come: Deliverance. Ja, so läuft das heutzutage, da kündigt man die Ankündigung einer Ankündigung an, zeigt jeweils kleine Bildschnippselchen und wummernde Trailer die nichts aussagen und verkündet zwei Jahre später dann, dass das Projekt eingestellt worden ist weil man sich zu sehr aufs Ankündigen konzentriert hat, anstatt wirklich an dem Titel zu arbeiten. Insofern darf natürlich auch diese Ankündigung mit einer gehörigen Prise Vorbehalt genossen werden, was Warhorse da allerdings ankündigt, ist schon eine Meldung wert.
Da ist von einem “realistischen open World First Person Medieval RPG” die Rede, das im heiligen römischen Reich Deutscher Nationen so um 1403 spielen soll. Das bedeutet ausdrücklich keine Magie, keine Orks, keine Feen und was es nicht sonst so alles in der Klamottenkiste des fantastischen Kanons gibt. Oder eben, wie es die Entwickler selbst ausdrücken: “Dungeons and no Dragons”. Abgesehen von bislang nicht weiter spezifizierten RPG Elementen geht es also um eine Art historische Simulation, in der man die Welt des europäischen Spätmittelalters erkunden kann, also am Ende sogar noch was dabei lernen kann. Das natürlich unter dem Vorbehalt, dass es auch ein gutes Spiel wird, dessen Inhalte gut recherchiert sind und das sich der immensen Komplexität der dargestellten Epoche bewusst ist. Denn das heilige römische Reich kann man natürlich nicht so leicht mit Burgen, Rittern und Belagerungen abhaken. Warhorse macht hier durchaus ein großes Fass auf.
Ob man das Ganze nun gut findet oder nicht, ist natürlich Geschmackssache. Der Kommentator “Ras0719″auf Kotaku vertritt zum Beispiel folgende Meinung:
So like a boringer, more lame, more “realistic” version of Skyrim? Yeah….. no. While I can appreciate the concept I can’t help but get the sense that this is yet turn down the another “realism = better” road by which games have to perfectly emulate reality right down to it’s lack of ninjas, cyborgs, dragons, magic, war drives and all that other awesome stuff that too many modern games throw out the window for the sake of being “taken serious” or “mature”
Diese Beschreibung dürfte den Kern des Konzepts ganz gut treffen, allerdings muss man natürlich nicht die Perspektive von “Raso719” teilen, was die awesomeness von Ninjas, Cyborgs, dragons, etc. angeht. Klar, die sind sicher alle cool und ganz toll, aber ich persönlich bin dieses ganze Fantasy-Zeugs zu einem gewissen Grad satt. Noch satter bin ich diese ganzen vermeintlich epischen Geschichten von einem, der auszog um das fette Monster zu kloppen und damit alle Probleme der Welt zu lösen. Der Blick ins Geschichtsbuch zeigt, dass die Realität mitunter einfach die spannenderen Geschichten zu erzählen hat. So paradox es klingen mag, aber fantastische Wesen sind oft auch das Mittel von Geschichtenerzählern, denen es vor allem an einem mangelt: Fantasie. Deshalb bin ich durchaus gespannt was Kingdom Come: Deliverance angeht. Und es wäre nicht das erste Mal, dass ein osteuropäisches Studio das RPG Genre gehörig umkrempelt. Schon CD Projekt aus Polen hat ja mit der Reihe um den Witcher gezeigt, dass es auch abseits von Orks und Drachen spannende Geschichten zu erzählen gibt. Wenn Warhorse aus Prag es nun schafft, eine wirklich gute authentische Mittelaltersimulation zu kreieren, kann das für das Genre wieder ganz neue Akzente jenseits des Fantastischen setzen. Und wenn das nun also ein erwachsenes Spiel wird, das man ernstnehmen kann, sehe ich darin nicht das geringste Problem. Wer das nicht mag, kann doch gerne stattdessen World of Warcraft spielen. Oder Guild Wars. Oder Dragon Age. Oder The Witcher. Oder Skyrim. Oder Final Fantasy. Auf jeden Fall kann man sich nicht beschweren, dass es in dem Genre nicht genug Angebot gäbe.